Sonntag, 25. Januar 2015

Cumarin und Waldmeister

Waldmeister im Teutoburger Wald
Wilhelm suchte neben dem Vanillin nach einem weiteren Riechstoff, um für seine kleine Firma das Risiko einer möglichen Krise zu minimieren.

Schon immer hatte er sich für Cumarin interessiert, das als Naturstoff sowohl in der Waldmeisterpflanze als auch in der Tonkabohne enthalten ist.

Mit seinem angenehm würzigen Geruch hatte ihn Cumarin immer stark an Vanille erinnert. Wie oft schon hatte Wilhelm im Frühjahr auf den kalkreichen Buchenwaldböden in der Umgebung einen Strauß Waldmeisterpflanzen gepflückt, um damit eine Bowle zu bereiten. Beim Trocknen dieser Pflanzen breitete sich ein intensiver Duft nach frischem Heu aus, das war ihm schon immer ein Rätsel gewesen.
Die Tonkabohne dagegen wuchs im tropischen Afrika sowie in Südamerika. Ihr Duft war etwas besonderes, er war süß und wirkte angeblich gemütserhellend sowie hypnotisch erotisierend. Er hatte schon beobachtet, dass die Bohne als Amulett für Liebe und Glück getragen wurde. In Südamerika galt sie als Schutzamulett gegen Krankheiten, selbst in Geldbörsen aufbewahrt, sollte sie für Wohlstand und die Erfüllung von Wünschen sorgen.
Während der Anteil an Cumarin beim Waldmeister bei 1 Prozent der Trockenmasse lag, war bei der Tonkabohne der Anteil zwei bis dreimal so hoch.
Das Cumarin selbst war vor allem wirtschaftlich interessant, denn es fand reißenden Absatz in der Parfum-und Schnupftabakfabrikation.

Zur Produktion bot sich der neue Syntheseweg nach Reimer-Tiemann an. 
So erhielt man als Ausgangsprodukt den Salicylaldehyd.
Man forschte weiter und nach einem halben Jahr war es soweit, der Duftstoff war fertig.
Immerhin 500 Reichsmark konnte man pro Kilogramm dafür erzielen.
Sowohl in Holzminden als auch in Paris lief die Produktion an.




Sonntag, 18. Januar 2015

Wilhelms Vanillinzucker vor Dr. Oetker

Wilhelm hatte schon früh die Idee mit dem Vanillin Zucker, heute kennt man dieses Produkt von Dr. Oetker.
Schon einige Jahre nach  der Gründung der Vanillin-Fabrik 1874 brachte er Vanillin Zucker auf den Markt.
Eine historische Anzeige pries das neue Produkt an:

Vanillinzucker, garantiert 2 1/2 % Gehalt, in Dosen v. 250 Gramm 
                         Inhalt, entsprechend 1/2 Pfd. feinster Vanille;

Vanillinzucker, in Päckchen, einer Stange feinster Vanille 
                         entsprechend, in eleganten Cartons von 100 Stück
                         (Kochrezepte dazu gratis);
Haarmann & Reimer,
Holzminden a. Weser

Ab 1894 kam dann auch Vanillin Zucker von Dr. Oetker auf den Markt, der auch heute noch dazu dient, Kuchen, Desserts und Süßspeisen mit einem feinen Vanille-aroma zu verfeinern.
Eine Tüte von 10 Gramm einer Mischung aus Zucker und Vanillin ist ausreichend für einen Kuchen aus 500 Gramm Mehl oder einer Süßspeise von 0,5 Liter Volumen.
Neben dem Vanillin Zucker  gibt es auch den Vanille Zucker, dieser enthält meist gemahlene Vanilleschoten, gelegentlich auch Vanilleextrakt.

In dem Wissenschaftsroman "Der Herr der Düfte" finden wir ein historisches Vanilleeis-Rezept von Dr. Oetker mit Vanillin Zucker (S. 150).




Sonntag, 11. Januar 2015

Wilhelm bezieht eine exotische Villa

So ähnlich wie in Amerika sich die reichen Amerikaner im 19. Jahrhundert repräsentative Herrenhäuser leisteten -siehe Blog Newport - gab auch Wilhelm den Bau einer exotischen Villa in Auftrag.

Er konnte sich etwa zur gleichen Zeit als erfolgreicher Unternehmer ein Herrenhaus in Höxter an der Weser errichten lassen. Der Architekt Uhde hatte sich bei dieser Villa am Ziegenberg mit Weserblick und englischem Landschaftsgarten an den Fassaden von florentinischen Renaissancepalazzi orientiert.
Nachdem Luise ihre Präferenz für marokkanische Stilelemente zum Ausdruck brachte, wurden auch spanisch-maurische Elemente einbezogen.

Wilhelm bestand darauf, dass roter Wesersandstein neben farbigen Backsteinen verwendet wurde. Typisch für das Erdgeschoss waren waagerechte Streifen aus roten und gelben Ziegeln, während beim 1. Obergeschoss gelbe Ziegel das Bild prägten. Beim Mezzanin dagegen ergänzten rote Rauten optisch die Streifen des Erdgeschosses.

An der Dachkante bildete sich durch weite Konsolen jeweils eine tiefe Schattenzone, während die Tür- und Fensterbögen abwechselnd mit drei gelben und drei roten Ziegeln hervorstachen.
Das Erdgeschoß wurde geprägt durch eine eingebaute Holztäfelung mit einem Büffet, einem Speise- und Schlafzimmer sowie fünf Wohnzimmer. 
Im 1. Obergeschoß lagen dann die Schlafzimmer der Familie und auch Gästezimmer, im Mezzanin Räume für das Personal und im Keller die Küche mit Hauswirtschaftsräumen. Die Auffahrt von der Gondelheimer Straße säumten zwei hohe Steinsäulen mit Laternen und einem schmiedeeisernen Tor. Eine Stützmauer sicherte das Grundstück. An der Auffahrt hatte Uhde dann im Stil der Villa die Kutscherwohnung mit Pferdestall errichtet. 

Wilhelm genoss sichtlich sein Glück, als er im Jahr 1890 erstmalig in seinem englischen Landschaftsgarten flanierte, er liebte nach seiner Englandreise die englische Gartenarchitektur. Nur schade, dass er nicht auch die Vanillepflanze kultivieren konnte. Aber warum sollte er nicht zumindest ein Gewächshaus vorsehen? 







Montag, 5. Januar 2015

Karl Reimer wurde Gesellschafter in der Vanillinfabrik

Karl Reimer
Für Wilhelm war die Zusammenarbeit mit Karl Reimer ein Glücksfall, dieser hatte schließlich die zündende Idee, endlich die Gewürznelke ins Spiel zu bringen.
Ganz abgesehen von seiner genialen Entdeckung, einen neuen Syntheseweg für Phenolaldehyde  zu finden und mit Tiemann weiter zu entwickeln.

Karl Ludwig Reimer, der 1845 in
Leipzig geboren wurde, entstammte einer
traditionsreichen Buchhändlerfamilie. Er hatte
sein Studium 1865 zunächst in Göttingen
begonnen, wechselte aber noch im selben Jahr
nach Greifswald und trat dort als Einjährig-Freiwilliger in das Pommersche Jägerbataillon ein. Bereits 1866 musste er dann in den Krieg ziehen.

Er überstand in diesem böhmischen Feldzug zwar die Schlachten bei Potkost und Königgrätz unversehrt, kehrte aber an einer Seuche (Typhus) erkrankt zurück, von der er sich sein ganzes Leben lang nie wieder vollständig erholen konnte.
Reimer und Tiemann führten in Berlin umfangreiche Versuche mit Phenolen und Chloroform durch und entdeckten dabei einen neuen Syntheseweg für Phenolaldehyde. 

Diese Synthese ging später als Reimer-Tiemann-Synthese in die Chemiegeschichte ein. Mit Tiemann zusammen gelang Reimer dann auch der Schritt zum Vanillin und er konnte über den Erfolg vor der Deutschen Chemischen Gesellschaft berichten:

„Schon heute kann ich als erstes von uns gemeinschaftlich erhaltenes Resultat ausführen, dass wir aus Guajacol mittels der obigen Reaktion Vanillin dargestellt haben.“ 


Karl Reimer trat im Jahr 1876 als Gesellschafter in die Firma ein, was auch in der neuen Firmenbezeichnung deutlich wurde: 
Haarmann & Reimer Vanillinfabrik in Holzminden an der Weser

Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Seine Kriegsleiden zehrten an seiner Gesundheit. Er starb mit 38 Jahren einsam in Sizilien.