Samstag, 25. April 2015

Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf Holzminden

Notgeld der Stadt Holzminden
Bei der Mobilmachung am 1. August 1914 herrschte eine allgemeine Begeisterung, diesmal konnte Wilhelm sie jedoch nicht teilen.
Für ihn war es anders als 1870. Schlimme Kriegserinnerungen lagen hinter ihm, es bestanden enge Freundschaften zu französischen Wissenschaftlern und Partnern, und die weltweiten Geschäfte mit Riechstoffen liefen glänzend. 
Es war wie ein böses Omen, dass ausgerechnet an diesem Tag eine große Feuersbrunst in Holzminden ausbrach, vermutlich Brandstiftung. Ein bäuerliches Fachwerkhaus an der Niederen Straße brannte völlig aus. Sehr schnell wurde den Holzmindenern bewusst, dass eine andere Zeit begonnen hatte. Schon im August beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Einrichtung von Sanitätskolonnen und einer Truppenverpflegungsanstalt. Es dauerte nicht lange, und die ersten 65 Verwundeten der Kämpfe um Lüttich mussten in einer Baracke am Forster Weg untergebracht werden. 

Lebensmittel wurden plötzlich immer knapper. Als dann auch Steckrüben und Dörrgemüse kaum noch im Handel waren, kam Unmut bei der Bevölkerung auf. Vor nichts machten die Einschränkungen halt. Sogar die Glocken der Lutherkirche mussten für die Waffenproduktion eingeschmolzen werden.

Wilhelm versuchte mit allen Mitteln, die Produktion in der Fabrik aufrecht zu erhalten. Seine größte Sorge galt der Rohstoffversorgung aus Übersee, besonders der Ge- würznelke. Auch für seine Mitarbeiter und deren Ange
hörige versuchte er die kriegsbedingten Einschränkungen zu mildern. So verfügte er, dass Ehefrauen für den Fall, dass ihr Ehemann Kriegsdienst leisten musste, weiterhin 50 Prozent seines Lohnes erhalten sollten. Das galt ebenfalls für eine Kriegsgefangenschaft. 
Im Betrieb sorgten zum Glück diejenigen Mitarbeiter, die von Anfang an dabei waren, in dieser schwierigen Zeit für eine gewisse Betriebsruhe. 
Immer wieder hörte man von Unruhestiftern unter der Arbeiterschaft in Holzminden. Zu einer wertvollen Hilfe in der Fabrik hatte sich inzwischen Karl entwickelt, der zum Meister befördert worden war. 
Bis zum Jahr 1918 waren alle Nelkenölvorräte restlos aufgearbeitet worden, Nachschub war ungewiss und ein Ausweg musste gefunden werden. Auch Energieträger fielen aus, so musste die Fabrik 1919 vier Wochen lang wegen Kohlemangels geschlossen werden. Deswegen bemühten sich die Chemiker bei H&R intensiv, nach dem Wegfall des Naturstoffes Nelkenöl eine Synthese ausgehend vom Guajacol auszuarbeiten. Die Gegenüberstellung der Kalkulationen aus Nelkenöl und Guajacol ergab wesentlich höhere Kosten für die Fertigung aus Guajacol:

Die Auswirkungen des Krieges machten sich in der Weserstadt immer stärker bemerkbar. Zwischen dem Pipping und dem Meierberg wurde ein riesiges Gefangenenlager mit 100 Baracken errichtet. Zur Bewachung der bis zu 4000 Gefangenen mussten Hunderte von Landsturmmännern abgestellt werden.  Für viel Unruhe sorgte so mancher 
Ausbruch der Gefangenen. 
Im Stillen amüsierte sich Wilhelm über einen verwegenen Ausbruch von 29 britischen Offizieren durch einen selbst gegrabenen Tunnel. Nahezu 5000 Personen verfolgten die Ausbrecher. Einige konnte man wieder einfangen, 14 entkamen über die Grenze nach Holland. Einer von ihnen schickte dem Hauptmann Niemeyer eine Postkarte: Thanks for the holiday. See you after the war.
Lesung am 4. Mai in 37671 Höxter
Haus der VHS, 19 Uhr, Möllingerstr. 9
 

 









































































































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