Sonntag, 17. Mai 2015

Wilhelm bewundert Ernest Beaux

Parfümeur Ernest Beaux

Wilhelm wusste, dass der gut aussehende Parfümeur Ernest Beaux als Schöpfer des berühmten Parfüms Chanel N° 5 galt.
Es kursierte das Gerücht, er habe im Russischen Bürgerkrieg bei Murmansk in der frischen Brise der Seen bei Mitternachtssonne diese Vision gehabt. Eine andere Legende berichtete von einem Mischfehler des Aldehyd- Akkords durch eine Assistentin. 

Eigentlich war die Entdeckung nur eine systematische Weiterentwicklung des Parfüms Bouquet de Catherine, das er zum dreihundertjährigen Geburtstag der Romanow-Zarendynastie 1913 entwickelt habe.

Wilhelm interessiert besonders, ob synthetische Aldehyde eingesetzt wurden.

In der Tat nahm er  die geruchsintensiven Aldehyde C-10/ C-11/C-12 und konnte damit die Blütenöle ideal ergänzen.

Wilhelm  freute sich. War es doch wieder ein Beweis aus dem Munde eines weltberühmten Parfümeurs, dass ein Syntheseprodukt sogar einem Naturprodukt mindestens ebenbürtig war und sie sich idealerweise ergänzen konnte.

Beaux erinnerte sich gern an die Begegnung mit Coco Chanel im vorigen Jahr hier im Labor. Ein Ausflug nach Cannes mit ihrem Liebhaber Großherzog Dimitri Romanow hatte sie zu ihm geführt, um seine neuen Parfüms kennenzulernen.

Sie wollte einen Duft aussuchen und davon 100 Flakons an gute Kundinnen zu Weihnachten verschenken. Dabei entschied sie sich für die Probe N° 5.

Daraus abgeleitet entstand dann auch der Name Chanel N° 5. Die Zahl 5 hatte ihr schon immer Glück gebracht, denn ihre neue Kollektion brachte sie immer am fünften Tag des fünften Monats heraus. Und immer war sie dabei sehr erfolgreich gewesen. Nach ihren Worten sollte es ein Parfüm für die Frau mit dem Duft einer Frau werden.

Wilhelm war jetzt doch sehr stolz, dass er mit seinen Riechstoffen einen wesentlichen Anteil an diesem berühmten Duft hatte. Die Gelegenheit, weitere Details über die Kompositionen zu erfahren, würde nie wieder so günstig sein. Ihm wurde dabei demonstriert, dass eine Formel etwas anderes darstellt, als das Zusammengeben vieler Substanzen. Sie hat einen bestimmten Aufbau und gleicht dadurch einer Komposition.
Eine klassische Formel besteht ja aus Tête, Enrobage de tête, Corps, Départ et Fixateurs. 

Bei Chanel N° 5 wird die Kopfnote durch den Aldehyd- Komplex dominiert, die Abrundung erfolgt unter anderem durch Bergamottöl, den Körper bildet ein Blumenbouquet von Jasmin bis Ylang-Ylang und wird nuanciert durch Jonon mit der Veilchennote. Zum Schluss leiten
Vanillin und Cumarin zum sinnlichen Moschus-Komplex über. Insgesamt sind es 31 Bestandteile.

Wilhelm war sehr beeindruckt und nahm sich insgeheim vor, in Holzminden eine Ausbildungs-Abteilung für zukünftige Parfümeure einzurichten. Gerade für die Erforschung weiterer Blütenduftstoffe von Maiglöckchen, Flieder und Hyazinthen würden in Zukunft Fachleute benötigt werden.




Neuauflage

Sonntag, 10. Mai 2015

DRAGOCO wird zur Konkurrenz für Wilhelm Haarmann

Friseursalon Gerberding
Die Riechstoff-Industrie hatte am Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur in Deutschland eine rasante Entwicklung genommen, besonders auch, nachdem die Parfümeure begeistert waren von bestimmten synthetischen Riechstoffen, wie z.B. dem Jonon. 
Überall waren für Wilhelm Wettbewerbsunternehmen entstanden und es gab – wie bereits geschildert – nervenaufreibende Patentstreitigkeiten. 

So blieb es nicht aus, dass auch in seiner Heimatstadt Holzminden für Wilhelm  im Jahr 1919 durch Gerberding eine Konkurrenz entstand.
Gerberding wurde am 14. 03. 1894 in Holzminden geboren. 
Sein Vater, von Beruf ein angesehener Friseurmeister, besaß einen Friseursalon in Holzminden, der sich in dem Gebäude auf dem historischen Foto befand. 

Nach seinem frühen Tod musste die Mutter den Betrieb weiterführen, um ihn dann an den Sohn übergeben zu können.
Dieser begann schon als Lehrling im Salon mit Haarwässern herumzuexperimentieren. 

Nach Abschluss der gewerblichen Lehre trat Gerberding zunächst als Freiwilliger bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges in den Kriegsdienst ein. Während dieser Zeit reifte in ihm bereits der Plan, das Elend der Kriegszeit zu überwinden und sich einmal selbständig zu machen, nach Möglichkeit in der Riechstoff-Industrie.
Als Vorbild hatte er die in Holzminden 1874 gegründete Vanillin-Fabrik vor Augen, die inzwischen diverse weitere Riechstoffe produzierte. 

Auf der anderen Seite hatte er eine Marktlücke endeckt, nämlich als Praktiker die Qualität von Riechstoffen zu prüfen und ihren Einsatz in der Praxis zu beurteilen.

Noch vor der Gründung einer eigenen Firma vemählte sich Gerberding mit Ilse Beddies, der Tochter des Forstmeisters in Holzminden, und hatte damit - ähnlich wie bei Wilhelm Haarmann - eine fähige Mitstreiterin an seiner Seite, gute Voraussetzung für einen Unternehmer besonders in schwierigen Zeiten.

Am 7. Oktober 1919 ist es dann soweit:
Der Friseurmeister Carl Wilhelm Gerberding gründete mit seinem Vetter August Bellmer eine eigene Firma:

Drago-Werke, 
chemische Fabrik 
Kaufmann Wilhelm Gerberding 
Holzminden
Den Firmennamen DRAGO hatte sich Gerberding selbst ausgedacht und das Firmenzeichen, einen roten Drachen auf goldenem Grund, entworfen. 

Er ließ es unter dem Namen DRAGO eintragen und gesetzlich schützen, später wurde es dann in DRAGOCO geändert. Der rote Drachen sollte dann als Gütesiegel weltweit seinen Platz erobern.





Sonntag, 3. Mai 2015

Wilhelm pflanzt Lavendelkulturen in Holzminden

Lavendel am Burgberg
Die Holzmindener staunten nicht schlecht und rieben sich die Augen, als eines Tages am Burgberg ansehnliche Lavendelfelder in voller Blüte standen. 
Wilhelm wollte sich mit dem Anbau die Rohstoffversorgung bei der Herstellung weiterer ätherischer Öle sichern.

Während der Blüte konnten sich Werksangehörige als Erntehelfer einen Nebenverdienst verschaffen.

Von dem gelungenen Experiment berichtete Alfons M. Burger:


Mitten in Deutschland, an der waldumsäumten Weser, in der Gegend von Holzminden, befinden sich in der Tat Lavendelfelder, die an Schönheit und Ueppigkeit ihresgleichen auch in Südfrankreich suchen. Die Pflanzen gedeihen prächtig und es ist ein herrliches Bild, diese farbenfrohen Kinder des Südens inmitten der etwas schwermütigen deutschen Eichenwaldlandschaft zu sehen, der Farbenkontrast ist vollkommen.

Am sonnigen Burgberg waren die Voraussetzungen mit dem kalkigen Boden günstig, denn er gab den Pflanzen nicht zu viel Feuchtigkeit.

Die ersten Versuche begannen bereits 1920, für die Aufzucht wurde der Samen aus Südfrankreich besorgt und im Garten von Haarmann in Höxter im Frühbeet ausgesät. Es konnten 300 Pflanzen gezogen
und überwintert werden. Sie wurden im Frühjahr 1921 am Burgberg gepflanzt und die als „Spikartig verdächtigen“ entfernt. 

Bei der ersten Ernte wurden 5,043 kg Blüten geerntet auf einer Fläche von 142,5 m2. Die Extraktion erfolgte mit Ether, die Ausbeute an Extraktöl betrug 55,5 g.

In späteren Jahren konnte man die Ausbeute erheblich steigern, überliefert ist eine Ausbeute von 14,25 kg Extrakt für das Jahr 1940.

Die Anbauflächen wurden dementsprechend aufgestockt, um 105 m2 im Jahr 1922 und weitere 315 m2 im Jahr 1924.
Bei der Verarbeitung setzte man bei H&R häufig niedrig siedendes Benzin ein. Drei
Extraktionen reichten in der Regel aus, um den Blütenstengeln die enthaltenen Riechstoffe vollständig zu entziehen. Nach dem Absieden erhielt man eine grüne Masse (concrêt) mit dem typischen Lavendelduft. Enthalten darin sind intensive Riechstoffe wie Cumarin und Umbelliferon-Methylether.




Lesung 4. Mai 19.30! Uhr VHS Höxter