Dienstag, 8. November 2016

Hofmann reitet um die Wette

August Wilhelm Hofmann (1818-1892)

Lord Ashburton war mit Recht stolz auf sein Besitztum, das ihm viel Freude bereitete, in das er viel Zeit und Geld investiert hatte. Das reicht aber alles noch nicht aus, sondern ein erlesener Geschmack muss die Dinge lenken.
Die erste Anlage der Grange stammt aus dem 17. Jahrhundert erbaut von dem berühmten Architekten Inigo Jones, ein Anhänger der Antike und Spezialist für griechische Säulenstellungen. Dieser Geschmack kommt bei dem Wohngebäude der Grange in der Säulengruppe der Fassade voll zum Ausdruck.
Als die Gruppe auf einer Anhöhe hielt, fanden alle den Ausblick geradezu bezaubernd, man glaubte fast, einen griechischen Tempelbau leuchten zu sehen. Es hätte nur noch gefehlt, dass plötzlich eine Panflöte ertönen und eine silberne Nymphe dort schweben würde.
Der nächste Tag sollte für Hofmann eine große Herausforderung wenn nicht sogar eine Überforderung bieten.
Gleich nach dem Luncheon kam der verhängnisvolle Vorschlag von Lord Ashburton an Hofmann und Carlyle, mit ihm auszureiten, nachdem die übrige Gesellschaft eine Kutschenfahrt geplant hatte.
Der olivgrün gekleidete Stallmeister bekam den Auftrag, drei prächtige Pferde zu satteln und schon ging es ab ins Gelände über sanft ansteigendes Heideland.
Dabei stellte sich heraus, dass Carlyle nicht nur ein eifriger Raucher sondern auch ein eifriger Reiter ist.
Bei einem kurzen Stopp erblickten sie in der Ferne am Horizont einen großen Lindenbaum. Er zeigte in die Richtung und sagte. „Let us see who first gets to the lime-tree yonder.“
Hofmann musste kurz schlucken, seit Jahren war er nicht mehr auf dem Sattel eines Pferdes gewesen, wenn er auch früher in Giessen als Student viel geritten hatte. Hier hatte er es mit Mühe und Not auf diese Anhöhe geschafft.
„Ich wäre schon dabei“, sagte Lord Ashburton in seiner liebenswürdigen Art, „aber Dr. Hofmann ist wohl nicht so sehr geneigt, ein derartiges Pferderennen mitzumachen.“
Damit hatte er Hofmann schon eine Brücke gebaut und eine Ablehnung wäre wohl richtig gewesen. Jetzt war Hofmann schon in der Zwickmühle als Jüngster der Gruppe seine Besorgnis zu äußern. Hätte er es mal gemacht!
So sagte er mit mulmigem Gefühl aber mutig entschlossen: „Ok, ich will es versuchen.“
Kaum war der Satz beendet, als Carlyle sinnbildlich die Sporen gab und die Pferde im gestreckten Galopp dahinflogen. Hofmann verging Hören und Sehen und verspürte harte Schläge im Rücken.
Er zog die Zügel mit der vollen Kraft seiner Arme an, denn er hatte das Gefühl, mit dem fliegenden Pferd im Raum zu verschwinden.
Aber schon nach kurzer Zeit hatte er das Gefühl mit dem Pferderücken zu verschmelzen.
Am Anfang war Carlyle um einige Pferdelängen vorn, wurde aber bald von Lord Ashburton überholt.  
Hofmann war Carlyle dicht auf den Fersen und holte ihn fast ein:
„These animals“, sagte er zu ihm, „require no spur.“
„No“, erwiederte er, „but a windless.“
Sie erreichten jetzt die Linde und Lord Ashburton war Sieger, dahinter Carlyle und fast gleichauf Hofmann. Wobei zu sagen ist, es war das rassige Pferd und nicht der Reiter, der diesen Parforceritt ermöglichtet.

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(Engl. Fassung Herr der Düfte, Biografie Dr. W. Haarmann/ Schüler v. Hofmann)




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