Samstag, 22. April 2017

Hofmanns Schüler Prinz von Paris


Louis Philippe Albert d´Orléans (1838-1894)
Der 30. Mai 1864 war für Hofmann ein besonderer Tag, an dem es einmal nicht um chemische Analysen ging, sondern es sollte eine Hochzeit gefeiert werden.
Der Graf von Paris Louis Philippe Albert d´Orleans hatte ihn dazu eingeladen. 
Hofmann freute sich, hatte sich doch zwischen Ihm und seinem Schüler trotz der Verschiedenheit der Jahre und des Altersunterschiedes ein freundschaftliches Verhältnis herausgebildet.
Louis Phillip war der Enkel des letzten Königs Louis-Philippe I in Frankreich, der bis 1848 regierte und nach der Revolution ins Exil nach England ging.
Königin Viktoria hatte ihm mit seinem Hof  ihr Anwesen Clermont House südlich von Esher als Domizil zur Verfügung gestellt.
Die Trauung fand in der kleinen katholischen Kapelle in Kingston statt, wo die Mitglieder der verbannten königlichen Familie gewöhnlich am Gottesdienst teilnahmen.
Hofmann begab sich zur Waterloo-Station und stellte überrascht fest, dass sich dort bereits etwas Ungewöhnliches zeigte. Der lange Zug nach Kingston war fast vollständig besetzt mit elegant gekleideten Damen und Herren, und es war nicht ganz leicht noch einen Platz zu bekommen.
Dr. de Mussy mußte bereits in Clophouse Junktion aussteigen, wo der Zug nach Claremont abgeht, um sich um die alte Königin Amélie zu kümmern, die ja heute fast die Hauptperson bei der Hochzeit ihres Enkels war.
In Kindston und Clermont sowie den kleinen Orten in der Nähe wie Walton, Surbiton und Esher herrschte heute eine aufgeregte Stimmung.
Nun war die katholische Kapelle nur für eine sehr kleine Gemeinde ausgelegt.
Als Hofmann mit den anderen Zugbegleiten dort ankam, war sie bereits überfüllt.
Neben der Kapelle war extra ein Zelt aufgestellt worden, auch dort wurden die Plätze bereits weitgehend von der französischen Kolonie in London sowie den Familien aus der Nähe von Clermont eingenommen. 
Mit einiger Mühe gelang es Hofmann doch noch einen Platz in der Kapelle zu bekommen. Er sah sich um und befand sich in einer durchaus erlesenden Gesellschaft.
Auch die Wissenschaft und Künste waren vertreten durch Lord Haugthon und Baron Marochitti.
Kurz nach zehn kündigten besonders heftige Ovationen die Ankunft der Familie Orleans vor der Kapelle an. Die ersten Mitglieder der Familie wurden am Portal vom katholischen Bischof  von Southwork Dr. Grant  im vollem Ornat empfangen.
Böllerschüsse verkündeten, dass die Hauptperson in der Nähe war.
Tatsächlich erschien jetzt strahlend vor Glück der Bräutigam an der Schweller der Kapelle und stützte die alte gebrechliche Königin Amélie.
Man konnte die Gedanken des Bräutigams erahnen, wie gerne hätte er seiner zukünftigen Ehefrau die Krone Frankreichs zu Füßen gelegt.
Doch jetzt galt die Aufmerksamkeit  der jungen Braut, die zwischen ihren Eltern dem Herzog und der Herzogin von Montpensier in die Kapelle eintrat.
Jetzt begann die Hochzeitszeremonie, dazu kniete das Brautpaar an den Betstühlen vor dem Altar nieder, während sich die Brautmutter und die Königin in Sessel hinter ihnen niederließen.
Der Bischof von Southwark setzte nunmehr zu einer langen Rede an, dabei erwähnte er die Vorfahren der Brautleute und ging besonders auf Ludwig der Heilige ein, Einzelheiten konnte aber Hofmann von seinem entfernten Standort aus nicht mitverfolgen.
Nun erfolgte die eigentliche Trauung. Sie wurde beendet durch die Übergabe von Goldmünzen des Grafen an seine Ehefrau und die Unterzeichnung des Trauungsprotokolls in der Sakristei.
Hofmann gesellte sich zu de Mussy, Cailletetund Lauget und sie gelangten noch vor dem Brautpaar in Clermont an. Dort waren inzwischen auch weitere Mitglieder der königlichen Familie wie der Prinz und die Prinzessin von Wales und der Herzog von Cambridge erschienen.
Unmittelbar nach dem Eintreffen des Brautpaares versammelten sich etwa 100 Personen an einer riesigen Tafel zum Frühstück, unter ihnen auch Hofmann., der sich etwas verloren unter den vielen königlichen Hoheiten vorkam. Die Stimmung war heiter und fast euphorisch.
Hofmann liebte Tischreden und hatte erwartet, dass gerade bei Franzosen, die darin Meister waren, er auf seine Kosten kommen würde. Aber nichts tat sich dergleichen, nur die alte Königin erhob sich mühsam und sprach einen Toast auf das Brautpaar aus.
Im nachhinein erfuhr Hofmann, dass man auf Reden verzichten wolle, um die Engländer nicht in Verlegenheit zu bringen. Denn es waren einige rabiate Orleanisten angereist, denen man in dem Gastland keine Bühne zur Agitation bieten wollte.
Um drei Uhr war die Feier zu ende und das Brautpaar fuhr in die Flitterwochen nach Schottland. Hofmann kehrte mit der Bahn nach London zurück. Er hatte durch die Einladung seines ehemaligen Schülers einen interessanten Einblick in die höhere Gesellschaft von Frankreich und England gewinnen können.
Aber er war zu sehr Wissenschaftler, um nicht sofort wieder seine Schritte in das Royal College of Chemistry zu lenken.

Um 5 Uhr war er wieder in seinem Laboratorium.


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Samstag, 8. April 2017

Hofmann und die Viktorianische Epoche


W. P. Frith: "Ramsgate Sands" (1854)

Dieses Gemälde „Ramsgate Sands“ von William Powell Trith war typisch für die Viktoriamische Epoche und hing fast in jedem Wohnzimmer, was auch Hofmann später auffiel.
Es zeigte das gemeine Volk in einfacher Kleidung am Fluß, Königin Viktoria war begeistert und kaufte es für ihre Sammlung.
Die Bevölkerung war inzwischen durch die Eisenbahn und Busverbindungen mobil geworden und konnte sich Ausflüge zu Badeorten leisten.
Ramsgate stellte so ein Ausflugsziel dar. Dort hatte die Qeen Victoria in ihrer Jugend Urlaub gemacht.
Als Frith das Bild 1854 malte, wurde es stark kritisiert, weil dort schlecht gekleidete Unterschichtenleute  abgebildet waren.
Doch die Königin war von dem Bild sehr angetan und teilte den Geschmack der Mittelschicht.
Hofmann wunderte sich sehr über die aufkommende Pendlermentalität der Engländer. Man zog in weit entfernte Vorstädte um der Natur nahe zu sein und nahm lange Anfahrtswege zur Arbeitsstätte in Kauf.
Die aufstrebende Stadt London war zweigeteilt, es gab den Reichtum in West End, sowie das Elend in East End.
In East End siedelten sich die Einwanderer an und Bandenkriminalität war an der Tagesordnung. Es war typisch für diese Gegend, dass hier Verbrecher wie Jack the Ripper ihr Unwesen treiben konnten.
Hofmann registrierte sehr wohl die enormen Klassenunterschiede zwischen Armen und Reichen und lernte die Romane von Charles Dickens schätzen, der diese Abgründe treffend beschrieb.
Auch verfolgte er den Kampf der Agnostiker, denn durch Darvins Ideen über die Evolution und die natürliche Auslese war plötzlich kein Platz mehr für die Schöpfung des Menschen durch einen Gott.
Die viktorianische Gesellschaft war begann sich an Darvins Thesen zu spalten, Davinist oder nicht, man musste sich entscheiden.
Für Hofmann war die Angelegenheit klar, er hatte sich einen tiefen, fast kindlichen Glauben bewahrt, den er nach dem Tod seines geliebten Vaters zum Ausdruck gebracht hatte.
Während der Viktoriasnischen Epoche führte die industrielle Revolution in Großbritannien zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung, das galt besonders für den Bergbau und das Maschinenwesen.
Besonders der Ausbau des Eisenbahnnetzes trug zu diesem Wachstum bei.
Begleitet wurde die wirtschaftliche Entwicklung in dem Viktorianischen Zeitalter von einer klugen Innenpolitik.
Durch rechtzeitige Reformen der Verwaltung als auch des Wahlrechts wurden breite Bevölkerungsschichten eingebunden, und es kam nicht zu revolutionärem Umwerfungen wie im übrigen Europa.
Allerdings entwickelten sich Reformen in den Bereichen Gesundheit und Bildung eher zögerlich.

Im Jahr 1845 hatte Irland unter einer großen Hungersnot zu leiden, ausgelöst durch Missernten beim Hauptnahrungsmittel Kartoffeln. Viele Menschen in Irland waren gezwungen auszuwandern und ihr Glück in Nordamerika zu versuchen.


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