Sonntag, 30. Juli 2017

Hofmann wechselt zur Universität in Berlin



Der Abschied von London ist Hofmann nicht leicht gefallen. Aber wer hätte sich jäh dem Ruf des Vaterlandes entzogen? Er freute sich, nun wieder in seiner Muttersprache lehren zu können:
Bei dem Gedanken, dass ich fortan wieder die Sprache sprechen solle, die ich mit meinen Eltern , mit meinen Jugendfreunden geredet hatte, in welcher die ersten Worte meiner Lehrer in mein Ohr gedrungen waren, dass ich diese Sprache  sprechen soll auf einer deutschen Hochschule, zu der Jugend  meines deutschen Vaterlandes, bei diesen Gedanken schwanden alle Bedenken. (Erwiderung auf den Toast von Magnus 8.01. 1870)
Der Umzug nach Berlin erfolgte Anfang Mai 1865. Begleitet von seiner Schwiegermutter Mrs. Wilson und deren Schwester Miss Shepley nehmen sie Quartier in der Bel-Etage des Hotel de Rome.
Bereits in der nächsten Woche gegann er am Montag um 9 Uhr seine Vorlesung über Experimetalchemie an der Friedrich-Wilhelms-Universität.
Mit der neuen Umgebung kam er gut zurecht und fühlte sich in Deutschland wieder vollkommen wohl.
Allerdings wurde ihm der Unterschied zwischen der Metropole London und der Provinz Berlin sehr bewusst, und er konnte nicht umhin, seinem Bruder Fritz nach dem 1. Semester voller Spott zu schreiben:

Wie vieles hat sich so ganz anders gestaltet, als ich erwartet hatte. Mit London verglichen, kommt Einem Berlin doch immer vor wie ein grosses Dorf. Die Linden sind allerdings eine grossartige Schöpfung und der Platz zwischen dem Palais des Königs, dem Opernhaus  und dem Palais des Kronprinzen  auf der einen, und der Academie , der Universität  und dem Zeughause  auf der anderen Seite  mit dem Blick  über die Schlossbrücke nach dem alten Schloss, dem Dom und dem Museen ist einer Hauptstadt würdig. Auch der sogenannte Gendarmenmarkt mit dem Schinkel´schen Schauspielhause von vollendeter Schönheit  mit den beiden kuppelgekrönten Thürmen welche  Friedrich der Grosse erbauen liess, ist ein prächtiger Platz. Allein an den beiden reichgegliederten Thürmen hängen, völlig unvermittelt, zwei völlig schmucklose Kirchen  mit hohen rothen Ziegeldächern, welche nicht unschöner gedacht werden können, wodurch der Gesamteindruck des Platzes wieder in hohem Grade beeinträchtigt wird. Ebenso kläglich sind die Häuser; inder endlosen Friedrichstrasse sind die meisten Häuser  zweistöckig, nur hier und da ragt zwischen denselben ein mehrstöckiger Bau empor. Und dann die grässlichen Rinnsteine, welche das Trottoir – berlinisch Bürgersteig – von dem Strassendamm trennen. Was in diesen Rinnstein fliesst oder vielmehrnicht fliesst, ist geradezu unglaublich. Wenn ich zu Tische gehe, führt mich mein Weg durch die Charlottenstrasse, eine Parallelstrasse zur Friedrichstrasse. Dort in nächster Nähe der Linden quamlt in den Rinnsteinen brodelde Seifenlauge, deren Dampf mir jedesmal die Brille beschlägt.

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